2013.12 China – Hinterland & an die Küste

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11 2013.12 China - Hinterland & an die KüsteChina

Freitag, 13.12.2013, Lhasa – Xi’an

Die Chinesen haben sehr häufig Nasen-Rachen Probleme. Man hat zumindest den Eindruck, dass dies ein weit verbreitetes Problem ist. Vor allem unter den älteren Leuten. Ich möchte nicht verneinen, dass aufgrund der extrem trockenen Luft auch meine Nase in Mitleidenschaft gezogen wurde. Meine „Mitbewohner“ allerdings lösen ihre Probleme mit Hilfe des Mülleimers, der keinen halben Meter entfernt von mir zwischen den Betten steht. Guten Morgen!
Der nächste Vergleich zum Campingplatzleben: alle sind bereits früh wach (vor Acht) und sind auf dem Gang aktiv. Auch über eine Stunde später warte ich immer noch auf den nächsten Bahnhof, der einen Grund für die Wuselei geben würde.
Die letzten schönen Täler und Landschaftsszenen werden passiert und wir sind zurück im Flachland. Etwas richtig schönes habe ich seit heute Morgen irgendwie nicht mehr gesehen. Gigantische Baustellen (was stand da vorher?), Hochhäuser in unterschiedlichsten Stadien, auch alte, alte Häuser und überall Müll. Sicherlich sind an Bahnstrecken gelegene Wohngebiete nicht die Besten, aber der Eindruck zieht sich konsequent durch.
Das ältere Ehepaar isst schon. Da ich nicht zeitgleich „nicht angewidert schauen“ und essen kann warte ich mit meinem Essen noch ab. Die Lautstärke ist einfach zu hoch. Aber auch diese Bahnfahrt hält einen Bahnhof für mich bereit, an dem ich aussteigen werde. Heute um 20:38 Uhr.

  • Bahnfahren zeigt auch heute wieder viel – kurze Einblicke in Leben:
  • Kinder, die auf dem Nachhauseweg sind
  • Ein Bauer, der eine kleine Egge mit seinen Schultern zieht.
  • Menschen, die Müllhalden durchsuchen und in Hinterhöfen wird gleicher oft irgendwie sortiert.
  • Bauern, die gemeinschaftlich die kleinen Bewässerungskanäle der Felder bearbeiten.
  • Bauarbeiter, die in Zelten mit allem drum und dran neben Großbaustellen wohnen (bei der Kälte).
  • Landschaft, in der abgebaut wird was man gerade benötigt.
  • Quirlige Innenstädte und vieles, vieles mehr.

In Xi’an habe ich mir eine private Unterkunft besorgt. Die Frau des Vermieters und Ihre Mutter holen mich am Bahnhof ab. Die Mutter ist Taxifahrerin. Allerdings gehe ich fest davon aus, das sie sowohl Führerschein als auch Taxilizenz für Verdienste in der Partei geschenkt bekommen hat. Wir kommen auch so an und ich beziehe mein ca. 25m2 Appartment, dass immer wieder an Touristen vermietet wird.

Samstag, 14.12.2013, Xi’an, Terrakotta Armee

Nach dem Ausschlafen – das Gebirge war anstrengend – geht es zur Terrakotta Armee. Das Ausgrabungsgelände liegt ein wenig außerhalb und so bin ich den verbleibenden Tag auch komplett unterwegs.
Interessant sind die Ausgrabungen. Man würde aber fast ein wenig mehr erwarten. So ist es vor allem das sich Bewußtmachen, was hier vor über 2200 Jahren geschaffen wurde. Eine Anlage von 2.000 x 900 m Länge, die mit tönernen Armeesoldaten, Unterkünften und weiteren Gebäuden, meist unter der heutigen Erdoberfläche, angelegt worden sind. Dazu diverse Grabstätten.
Kein Wort natürlich davon, dass internationale Teams die Ausgrabungen unterstützen. Die einseitigen Texte als Erklärungen für die Ausgrabungen wie auch anderen touristischen Orten sind anstrengend. Aber Hochmut kommt bekanntermaßen vor dem Fall.

Spotify, youtube, Xing, dropbox und Facebook sind übrigens in diesem Land nicht zu erreichen. Die großen Firmen allerdings können mittels eines VPN Tunnel über die „große Internetmauer“ und erreichen dann alle Seiten…

Sonntag, 15.12.2013, Xi’an

Ich lasse es gemütlich angehen. Zudem will einiges organisiert werden. Die Bahnfahrkarte in die nächste Stadt wird besorgt und dann folgt ein Gang durch die Stadt.
In einem Park ist „Freiluft-Parship“ zu bewundern. Auf handgeschriebenen Zetteln werden in Kurzform die Fakten über unverheiratete Kinder dargestellt und an Schnüren, die zwischen Bäumen gespannt sind, aufgehängt. Es gibt auch die professionellen Anbieter, die ein wenig mehr Information über die noch zu habenden zukünftigen Schwiegertöchter und -söhne in mehr oder weniger schönen Mappen gesammelt haben. Diese liegen dann auf dem Boden auf einem Tuch ausgebreitet. Dazwischen laufen Eltern umher, die die „Angebote“ akribisch inspizieren.
Wie schon in anderen Parks schmettern auch hier, durch alte Lautsprecher unterstützt, vermeintliche Sänger ihre Lieder in die Weiten des Parks. Mehrfacher Beifall ist ihnen sicher. Bemerkenswert hier ist der „Nachbarschaftskampf“ zwischen zwei Sängern.
Für Kinder gibt es noch für unser Verständnis hässliche Spielplätze und komische Fahrgeschäfte in diesem Park. Wie behütet und glücklich sind wir alle aufgewachsen.

Obwohl Sonntag ist haben alle Geschäfte geöffnet und lassen Konsumterror vom Feinsten walten. Mit hoher Stimme, wiederum durch, diesmal etwas kleinere Verstärker, unterstützt, werden die neuesten Angebote von Elektronikartikeln angeboten. Häufig tönt Musik und schrille Reklame springt einem wahrlich an. Konsum beginnt hier gerade richtig zu blühen.

Was Xi’an im Vergleich zu anderen Städten in bemerkenswerter Weise geschafft haben ist die Restaurierung von alten Gebäuden und Sehenswürdigkeiten. Eine beeindruckende und über neun Meter breite Stadtmauer zieht sich um den Altstadtkern. Daneben ein schön restauriertes Stadtviertel. Weitere imposante Gebäude aus vorherigen Jahrhunderten sind immer wieder in der Stadt anzutreffen.
Es gibt auch einen Weihnachtsmarkt, einen deutschen Weihnachtsmarkt, gesponsert von Zwilling. Die Suche nach dem Glühweinstand dauert nicht lange, denn der Markt ist sehr klein. Dort treffe ich zwei Australier und eine Deutsche aus Shanghai. Wir gönnen uns einen Kaffee im Starbucks und stellen fest, dass man für den Kaffee bzw. meine Schokolade ein Mittagessen bekommt. In Tibet habe ich für den Preis meines Getränkes das Mittagessen für drei Personen bezahlt. Es tut gut sich für eine kurze Zeit auszutauschen. Die Eindrücke sind die selben.

Abends möchte ich mir etwas gönnen – ein gutes Stück Fleisch. Die „Fressmeile“ im Muslimviertel verspricht einiges. Vor einem der Restaurants liegen Fleischstücke aus. Da das Stück Schaf mindestens schon den halben Tag in der Auslage auf der Straße liegt sollte es gut sein. Ohnehin da es noch gegrillt wird. Es war köstlich und ohne Folgen.
Bemerkenswert finde ich in China immer wieder die Feststellung, dass man nahezu keine schreienden Kinder sieht. Obwohl es durchaus jede Menge Kinder gibt. In einer der Unterhaltungen meinte jemand, dass dies vielleicht an der Einkindpolitik liegen würde. Das hieße das zweite wäre schuld. Ende der Überlegung.

Montag, 16.12.2013, Xi’an – Luoyang, Longmen Grotten

Um 7:40 Uhr startet die Bahn. Den Hochgeschwindigkeitszug habe ich mir heute gegönnt. Ca. 380 km in 1:35 Stunde, Reisegeschwindigkeit bis zu 301 km/ h. Abgefahren. Und es sitzen 5 Leute nebeneinander. Da bietet der ICE in Deutschland richtig viel Platz.

In Luoyang stehen die Longen Grotten auf dem Programm. Eine Ansammlung von über 2.300 künstlich geschaffenen kleinen Grotten und über 100.000 Buddhas (unterschiedlichster Grösse) an beiden Seiten eines Flusses gelegen. Die Anreise erfolgt mit dem Stadtbus. Dieser kostet auch hier im gesamten Grossstadtgebiet umgerechnet ca. 14 Cent. In Peking immerhin das Doppelte für die U-Bahn.
Es ist Smog würde ich es beschreiben. Sicht keine 100 m. Die Höhlen und Buddhas sind sehr beeindruckend, immerhin begann der Bau der ersten im Jahre 493. Im Sommer sicherlich sehr idyllisch hier.

Ob es wirklich Nebel ist oder Nebel und Smog ist nicht ganz sicher. Die Feinstaub Belastung liegt im Dezember weit über den in Europa und auch von der WHO vorgegebenen Grenzwerte. In China ist die Messung abhängig der Quellen. Die offiziellen Chinesischen sind laut Internet anders als die der amerikanischen Konsulate (diese sind erlaubt bzw. möglich, da diese auf „eigenem“ Hoheitsgebiet installiert sind). Ein Auszug aus süddeutsche.de vom 7.12.2103: „…In der Millionenstadt Shanghai erreichte die Luftbelastung mit gefährlichen Feinstaubpartikeln, die kleiner als 2,5 Mikrometer sind, am Samstag laut offiziellen Angaben zwischenzeitlich den Wert von 484 Mikrogramm. Die Weltgesundheitsorganisation sieht einen Wert von 25 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft als unbedenklich an. Die Schadstoffe wurden von Industriegebieten in den benachbarten Regionen in die Küstenmetropole geblasen. …“

Dienstag, 17.12.2013, Luoyang – Shaolin Kloster – Zhengzhou

Noch das Hostel in Shanghai buchen und dann geht es zum Bahnhof. Die Fahrkarte für heute Abend möchte ich vorsichtshalber jetzt schon kaufen. Am Info-Schalter der Verkaufshalle frage ich welche Schalterbeamtin englisch spricht. Dann wird mir ein Schalter von den knapp zwanzig gezeigt (Zählen mit den Fingern geht in China anders als in Deutschland – 10 zum Beispiel sind zwei gekreuzte Zeigefinger). Dort sitzt dann meist jemand, der ein paar Brocken Englisch sprechen und schreiben kann.
Die Fahrkarte in der Tasche (geht nur mit Pass) geht es ein paar Gehminuten entfernt zum Busbahnhof. Dort fängt mich eine Frau mit der Frage „Shaolin?“ ab. Eilig gehen wir zum Schalter, 3 € die Fahrkarte für eine gute Stunde Überlandfahrt. Schnellen Schrittes weiter zum Bus. Klasse, geht sicher gleich los. Denke ich eine gute Stunde bis endlich die Türe am Bus zu geht. Draußen, nein auch innen, +1C.
Überall läuft mindestens Musik, gerne auch Fernsehen oder Filme über glückliche Menschen im neuen China. Hier im Bus heute die chinesischen Charts. Schön laut und mit schlechter Bildübertragung. Es zieht sich. Zur Tankstelle zuckelt der Bus. Nach dem Tanken dann noch weitere fünf Minuten Benzinsetzzeit (?) – nein, Bus kaputt. Ersatzbus kommt und los geht es.
Noch in der Stadt schon das erste Verkehrschaos. Über Land, so richtig ohne Häuser ist die Straße nie, nicht viel schönes. Überall wird gebaut, halbfertige Häuser, die, die fertig sind würden nicht direkt für „Mein Dorf soll schöner werden“ nominiert werden. Das Wetter trägt den Rest zur Stimmung bei. Immer wieder Stau, meist durch viel zu viele Lkw verursacht. Verkehrsregeln grundsätzlich Freestyle. Die Hupe, das am meisten benutzte Hilfsmittel, weit vor dem Blinker. Und immer wieder kunstvoll beladene Fahrzeuge. Sicht durchgängig um die 200 m.
Vor einer Brücke ist dann Stau. Ich wundere mich über das 10 to Schild vor der Brücke. Denn sowohl in der Schlange vor uns als auch entgegenkommend sind definitiv LKW mit mehr als 10 to. Dies erklärt vielleicht auch die sonst nicht nachvollziehbare Sperrung der einen Brückenfahrbahnhälfte durch Sandhaufen.
Nach über drei Stunden „Fahrt“ auf der einspurigen Landstraße werde ich beim Shaolin Kloster abgesetzt. Somit ist der Aufenthalt auf gute zwei Stunden reduziert – dies bedeutet schneller laufen. Noch ein Problem. Mein Gepäck. Der Tourist Service schließt bereits um 16:00 Uhr, was durchaus Sinn macht, wenn das Kloster bis 17:30 Uhr auf hat. Eine ältere Frau versteht mein Problem und gibt mir zu verstehen ihr zu folgen. Ich stelle mein Gepäck bei einem Souvenirkiosk ab.10 Yuen für’s Kiosk, 10 für die Frau.

Der Eintritt ist wie überall nicht günstig. Ca. 14 €, an anderer Stelle auch gerne noch ein wenig mehr. Direkt nach dem Eingang machen Schüler einer Shaolin Schule (nicht Kloster) Übungen im Freien. Das Kloster ist sehr gut restauriert. Auch der „Pagodenwald“. Das Wetter lässt alles ein wenig mystisch erscheinen. Hin und wieder huschen ein paar Mönche durch die Bildfläche. Leider lässt es die Zeit nicht zu irgendwelche Gespräche zu beginnen. Denn vor der Dunkelheit, richtig hell war es ohnehin heute nicht, will ich einen Bus an der Straße erwischen. Mehrere Leute wollen mich von Taxi oder penetrant vom Bus nach Luoyang überzeugen. Aber da bin ich heute Mittag ja gerade hergekommen. Praktischerweise steht ein Bus in die richtige Richtung, eine Frau fragt „Dengfeng?“. Genau da muss ich hin.
Kurze Zeit später kommen wir im charmevollen Busbahnhof von Dengfeng an. Umsteigen in den nächsten Bus. Es scheint alles zu klappen.
Im Bus 12°C, draußen 5°C. Dabei fällt mir auf, dass ich ganz selten jemanden habe niesen hören.
Im Bus sitzt eine Familie um mich herum. Beim Kaufen von Andenken (Gepäckthema wurde kurzfristig ausgeblendet) habe ich im Kloster ein kleines Büchlein bekommen. Ich gebe es dem Familienvater, ihm klar machend, dass ich mit Chinesisch nichts anfangen kann. Prompt bekomme ich eine Hochglanzbroschüre vom deren Klosterbesuch geschenkt. Kurze Zeit später schenkt mir einer der Kleinen dann noch (s)eine DVD. Sehr selbstlos.
Auf der Autobahn geht es zügig vorwärts. Der Busbahnhof in Zhengzou ist auch direkt neben dem Bahnhof. Noch ein paar Meter, die Sicherheitskontrolle passieren und es ist geschafft – die Wartehalle mit knapp 250 Leuten ist erreicht.
Dann wird der Zug aufgerufen. Die Gatter haben etwas von einem Viehverladebahnhof – dickste Stahlstreben. Alles strömt auf den Bahnsteig.
Die anderen Leute im Abteil kann ich diesmal nicht beschreiben. Zum Einen ist es dunkel im Waggon, zum Anderen sind es ganz schön viele Menschen. Der Wagen ist komplett voll und es ist mal wieder die offene Variante von Liegewagen. Gute Nacht.

Mittwoch, 18.12.2013, Nanjing

Aufwachen, mit 65 anderen Menschen. Alles läuft sehr ruhig und stressfrei von Statten. Im Hintergrund läuft angenehme ruhige Musik. Das dritte Bett oben, heute Nacht meines, ist in knapp 1,90 m Höhe, ca. 60 cm breit. Gleichermaßen ca. 60 cm Bewegungsfreiraum bis zur Decke. Es erfordert eine gewisse Akrobatik sich dort oben einzurichten. Gekuschelt wurde dazu noch mit dem kleinen Rucksack, der die Wertsachen beinhaltet. Bei dem großen ist das Praktische, dass der Großteil der Menschen hier echte Probleme haben, das Teil zu tragen und sie sofort damit auffallen würden.
Zum Frühstück gibt es Kekse. Habe heute keine Lust auf Suppe. Leicht zu machen wäre diese, denn in der Bahn gibt es auch hier überall heißes Trinkwasser. Auch in Bahnhöfen. Eine sehr praktische Sache.
Ich hoffe den, der sich gerade gegenüber von mir gesetzt hat, stört es nicht wenn ich esse und er sich rasiert.

Nach ein paar Organisationsdingen geht es durch die Stadt. So richtig viel ansprechendes gibt es in der Innenstadt nicht zu entdecken. Ein Stückchen einer alten Stadtmauer und viele neue Shoppingarkaden. Auch hier beste Vorraussetzungen für den Konsumwütigen. Es gibt alles was man sich vorstellen kann, teilweise große Shoppingmalls in feinstem Hochglanz. Wahrscheinlich als Vorbereitung für das nächste Shoppingcenter oder neue Hochhäuser ist ein riesiges Areal alter Häuser bereits teilweise dem Boden platt gemacht. Ein paar wenige Händler harren noch aus. Auch einschlägige Etablissement bieten noch ihre Dienste an. Macht sicher Spaß auf so einer Abrissbaustelle.

Zu den ganzen Bauwerken erfahre ich irgendwann, dass auch durch Korruption getriebene Investitionen viel gebracht haben. Dies ist heute allerdings nicht mehr so wie vor einigen Jahren. Daher ändern sich auch Dinge.
Heute sind es oft Vorgaben das lokale BIP zu erfüllen, damit das Landes BIP stimmt. Das lässt auch die willenlosen Bauaktivitäten ohne Bewohner verstehen.

Donnerstag, 19.12.2013, Nanjing – Shanghai

Nach einem nicht so beeindruckenden Tag gestern hoffe ich heute auf schönere Eindrücke. Ich begebe mich zu den hier in einem Waldstück gelegenen Minggräbern. Eine imposante Tempelanlage, die als Grabanlage eingerichtet wurde. Weitere kleine Tempelanlagen säumen den bewaldeten Hügel, darüber hinaus auch hier imposante Steinfiguren.
Bei der nächsten Station ist dann wieder Fotografieren angesagt. Auch für mich. Das große Nationaldenkmal des Dr. Sun Yatsen, der als Gründer des modernen China verehret wird (1921 war er Präsident der Nationalregierung, 1911 hatte er bereits kurzzeitig ein Amt nach Ende der Monarchie inne) zieht entsprechend viele Besucher und nationale Touristen an. Somit ziere ich das ein oder andere Familienfoto, Einzelporträts oder auch mal nur die Augen.

Viel Fußmarsch am Morgen verlangt nach einem weiteren  Mittagessen im hiesigen „Stammlokal“ für 1,80 €. Die Suppe wird gebracht, was kurzzeitiges Gelächter unter den ansässigen wirklichen Stammgästen hervorruft, da sich einer der Gäste „beschwert“, das er seine Suppe immer selbst holen muss. Es ist erstaunlich wie gut man ohne ein Wort chinesisch überall zurecht kommt. Gleichermaßen habe ich seit fast vier Wochen kein Messer oder Gabel mehr benutzt. Dies ist meist auch die erste „Prüfung“ der Umsitzenden in den „Restaurants“ bzw. Garküchen. Die ersten Minuten, die man mit den Stäbchen ist, werden genauestens verfolgt. Es folgt meist ein zufriedenes Nicken oder Lächeln oder ein Getuschel am Tisch. Dann wird weitergegessen.

Nach dem Mittagessen biege ich in eine falsche Straße ab bzw. in eine Sackgasse. Dort treffe ich noch mal „China alte Tage“ pur. Ob es die Fleisch- und Fischstücke sind, die auf der Straße zum Trocknen an den Airconditionanlagen hängen oder die Zahnbürste, die neben Allerlei auch auf der Straße vor einer winzigen Wohnfläche steht – kein Hochglanz, Armut pur.
Im Hostel verabschiedet man sich. Nicht überall immer der Fall. Auch bei den Chinesen, wenn ich das richtig beobachtet habe. Man geht einfach.

Mit dem Zug geht es dann gegen 17 Uhr nach Shanghai, meiner letzten Station in China.
Vor dem Bahnhof stehen einige der Wanderarbeiter, denen deutlich anzusehen ist, dass sie diejenigen sind, die in den Zelten auf den Großbaustellen hausen. Kleine Männer, mittleren Alters, schmutzige Arbeitskleidung und abgeschaffte Gesichter. Im Gepäck allerlei Arbeitsutensilien.
Beim Fahrkartenkauf will sich ein Mann vordrängeln. Gerne mal gemacht. Ein böser Blick von zwei Köpfe oben drüber hilft. Er reiht sich hinter meinem Rucksack ein. Apropos – auch beim Rückgeld muss man aufpassen. Da werden gerne mal paar Yuen vergessen. Nicht überall, meist alles sehr korrekt. Aber passiert schon mal.
Der Zugang zum Bahnhof muss wie immer durch eine Sicherheitskontrolle passiert werden. Das gesamte Gepäck wird durchleuchtet und die Personen mehr oder weniger intensiv abgetastet.
Nach Shanghai geht es mit dem Hochgeschwindigkeitszug. Dieser ist komplett voll, sieht nach Pendlern aus. Die Ankunft erfolgt in der rush hour. Es ist total praktisch mit einem kleinen und einem großen Rucksack in dieser Zeit sich in der U-Bahn zu bewegen.
Wie auch die nächsten Tage ist hier bereits eine ABM-Maßnahme zu bewundern. Die U-Bahnen haben vollautomatische Türen und auf den Bahnsteigen sind automatische Türen, die noch mal die Bahnsteigkante sichern. Trotzdem ist an jedem Bahnhof ein Angestellter, der schaut ob wirklich alle drin sind und dann darf er ein Fähnchen schwenken. Diese Maßnahme sichert eine geringe Arbeitslosenquote.

Abends treffe ich den Sohn eines guten Freund meines Onkels, ein paar Jahre jünger als ich und zum Großteil im Ausland aufgewachsen.
Es muss schnell gehen, daher wähle ich Taxifahren: Der Erste versteht nicht was ich will, der Zweite, teilt mir auf Englisch mit, dass er nicht weiß wo die Zieladresse ist und der Dritte fährt los als mein Bein noch draußen ist. Mit ernster Miene und wortlos. Aber einer der versteht worum es geht – das endlose Autorennen. Jede einzelne Fahrt gilt es zu gewinnen. Auch im Abendverkehr von Shanghai. Zu viel Blinken kostet Energie, daher nur kurz den Schalter antippen, die Gänge werden schnell und kurz geschaltet. Wir schlängeln uns gekonnt durch den Feierabendverkehr über die Hochstraße in Richtung Innenstadt. Ein paar Yuen lassen noch ein paar Sätze chinesisch aus dem Fahrer purzeln. Direkt hinter der Ziellinie, verbunden mit einem leichten Lächeln.

Wir gehen in einem guten Restaurant essen. Es ist ungewohnt und am Anfang schaue ich mich erst mal begeistert um. Hoher Lebensstandard hat was für sich und lässt sich leicht wieder annehmen. Es tut gut sich zu unterhalten und aufgeklärte Ansichten auszutauschen. Die letzte richtige Unterhaltung liegt einige Wochen zurück.

Wetter: Shanghai, 3°C, bewölkt

Freitag, 20.12.2013, Shanghai

Es ist durchaus westlich. Es gibt eine große Fußgängerzone zum Einkaufen. Rachen-Hals Probleme sind hier kaum noch vorhanden. Und auch hier immer wieder hilfsbereite Menschen. Shanghai ist sehr entwickelt. Es gibt alles, es geht geordneter zu.
Ich mache einen Gang durch die Stadt. Zwei junge Frauen fragen mich, ob ich ein Foto von Ihnen mit ihrem Handy machen kann. Sie fragen mich, wo ich herkomme, was ich mache, erzählen von ihren Studium, Besuch der Freundin und so weiter. Sie wissen viel über China, ein bisschen was über Deutschland. Und das es in Tibet doch sicherlich gefährlich war, denn dort wird doch so viel geklaut…. Der Einladung sie ein wenig zu begleiten folge ich. Es soll so viele alte Geschäfte hier direkt um die Ecke geben. Dann gehen wir unverhofft in eine Art Laden. Im Nebenzimmer ist alles zum Tee trinken vorbereitet. Ob ich nicht mit ihnen Tee trinken wollte. Komisch. Wo sind die alten Geschäfte? Keine Lust auf Tee und irgendwie ein Hauch von potentiellem Ärger in der Luft führen zum schnellen Gehen nach einer höflichen Verabschiedung.

Weiter durch im alten Stil aufgebaute Strassenzüge. Alles sehr touristisch. Dann ein junges Pärchen, dass mich bittet ein Foto von ihnen zu machen. Wieder eine nette Geschichte (kommen aus dem Urlaub, wissen ein bisschen was über Deutschland, etc.) und ob ich sie begleiten möchte. Man könnte doch einen Tee trinken. Die nächste Einladung zum Tee trinken.
Nach einer dankenden Ablehnung beobachte ich die Beiden. Das wiederum beobachten drei Angestellte eines Ladens, die zu mir kommen und prompt auch Aufklärung bringen: Man macht auf gut Freund, lädt zum gemeinsamen Tee trinken ein und dann kostet ein Glas „ganz besonderem Tee“ auch gerne mal 70 oder 140 €…. Da hier auch sonst noch ganz schön viel an den Fersen klebt und allerlei anpreist (Rolex, IPhone und allerlei weiteres asienspezifisches) tauche ich in Seitengassen ab und finde wieder echtes China mit kleinen Garküchen, allerlei Fisch, frischem Gemüse, Enten und Hühnern.
Nachmittags mache ich eine Flussrundfahrt, bei Eiseskälte. Es erinnert mich an Hamburg. Schön. Eine unglaubliche Skyline rechts und links des Ufers mit einer schönen Mischung aus alt und modern. Die Stadt gefällt mir sehr gut. Es ist von allem etwas da – Tradition, Moderne, Luxus, einfaches Leben mit allerlei Köstlichkeiten.

Ein Gang entlang des „Bund“ (der prachtvollen Uferpromenade, die mit alten Kolonialbauten gesäumt ist) führt zurück in die Stadt, besser gesagt in die Fußgängerzone. Bereits die ersten Meter werden zu einer Art Spießrutenlauf. Als einzelner westlicher männlicher Fußgänger hat man wohl ein für einem selbst unsichtbares Schild mit der Aufschrift „Suche Rolex & Thaimassage“. Sie verstehen noch keine deutschen Schimpfworte merke ich.

Abends treffe ich dann noch mal den Bekannten meines Onkels und wir verbringen einen gemütlichen Abend mit ein paar Bier im Cotton Jazz Club.

Samstag, 21.12.2013, Shanghai

Der letzte Tag in Shanghai und der letzte Tag in China. Ein paar notwendige Erledigungen bringen mich erneut in die volle Fußgängerzone und zu den Anbietern von unendlichen vielen Massagen. Ich wäre mittlerweile ein Stück Knetmasse hätte ich alle angenommen.
Heute ist schönes Wetter. Ich setze mit der Fähre in den neue Stadtteil Pudong über. Hier ist in den letzten knapp 15 Jahren alles vom Reißbrett entstanden, alles vom Feinsten. Beeindruckende Hochhäuser, hochglänzende Shoppingarkaden und eine sinnvolle und perfekte Verkehrsinfrastruktur.
Ich möchte mir Shanghai von oben anschauen und fahre auf den Oriental Pearl Tower in die Höhe von 342 . Es sind heute jede Menge andere Menschen unterwegs. Überall Warteschlangen. Die praktischen Strampler, die man in China bei Kleinkindern oft sieht, kommen hier auch direkt zum Einsatz. Die Strampler haben hinten bzw. unten einfach einen Schlitz. Am Anfang denkt man sich noch, dass die einfach kaputt sind, aber man sieht sie dann öfters. Das ist in einer langen Warteschlange sehr praktisch – einfach über den Mülleimer heben und los geht es. Stört auch keinen.
Die Aussicht entschädigt für langes Warten. Besonders der Glasboden, der einmal um den Turm geht, in Höhe von 263 m macht Spass.

Dann mache ich noch eine kurze Fahrt mit dem Transrapid zum Flughafen. Wenn man schon mal da ist. Für ca. 30 km zahlt man 11 € und legt die Strecke in knapp acht Minuten zurück.
Die Sachen im Hostel abgeholt gehe ich noch mal
mit dem Bekannten Abendessen. Mit der U-Bahn fahre ich zum Flughafen. Trotz Millionenstadt endet der U-Bahnbetrieb um 23:00 Uhr. Auch einfach irgendwo in einem Vorstadtviertel. Die Weiterfahrt findet nach dem Abwimmeln fadenscheiniger Sonderangebote dann mit einem Taxi statt.

Das war China. Ein krasses Land und definitiv wieder eine Reise wert. Ein Resümee über die Menschen – von allem etwas. Definitiv jede Menge freundliche und hilfsbereite Menschen, weitaus mehr als ich erwarte hätte. Und solche wie es auch sonst überall gibt.

2 Antworten

  1. Bi"g" T

    Hallo Markus,
    ich vermisse das chinesische Essen und Du hast die Chance ALLES zu probieren 😉

    Viele Grüsse und weiterhin guten Appetit!